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Weinhähnchen: Sangesfreudiger Neuankömmling mit Beigeschmack

Der Klimawandel ist mittlerweile voll im Gange, das Beispiel Weinhähnchen demonstriert es eindrücklich. Ein Naturschauspiel südlich von Adelsdorf.

21.08.2020

Ein Naturschauspiel besonderer Art bietet sich zur Zeit dem aufmerksamen Spaziergänger, der sich in den warmen Abendstunden im Grünen aufhält. Vielleicht hat sich der eine oder andere schon über die angenehm südländisch anmutende Klangkulisse gewundert, die sich einem heuer abends und nachts in der Feldflur bietet.

Mitglieder der Ortsgruppe Adelsdorf konnten dieses Jahr erstmals die wohltönenden „drü-drü“-Rufserien des Weinhähnchen (Oecanthus pellucens) registrieren und empfehlen Naturinteressierten beim abendlichen Spaziergang die Ohren zu spitzen. Gleich am Adelsdorfer Ortsrand, unweit vom Eisweiher, konnten sie die bislang in Deutschland nur aus den wärmsten Weinbau-Gegenden bekannte Grille erstmals im Landkreis hören. „Inzwischen“, so Harald Schott, wissenschaftliches Mitglied im BN-Kreisvorstand, „wurde die Art auch an weiteren Orten gehört. Ein besonders vielstimmiges Grillen-Konzert, zumal garantiert Corona-unbedenklich, kann derzeit auf der Anhöhe direkt östlich von Heppstädt belauscht werden. Das kann einen schon an die Toskana erinnern.“

Genauer handelt es sich beim Weinhähnchen um eine sogenannte Blumengrille, erläutert der Fachmann, was auf deren bevorzugten Aufenthaltsort an Blüten- und Fruchtständen hinweist. Ihr hellbraunes, schlankes Aussehen ähnelt ein wenig den bekannten Ohrenhöhlern, ihre Flügel und Fühler sind allerdings sehr viel länger. Allerdings bekommt man die nachtaktiven Weinhähnchen nicht ohne weiteres zu Gesicht. Am ehesten klappt dies mit Taschenlampe, wenn man sich der Klangquelle zu zweit aus zwei Richtungen langsam nähert. Kaum zu glauben, dass die nur etwa eineinhalb Zentimeter langen Insekten (ohne die langen Fühler) mitunter bis über 100 m weit hörbar sind. Hierzu reiben sie ihre großen glasigen Flügel gegeneinander. Ihr Lebensraum sind langgrasige Raine, Wiesen oder Ackerbrachen. Hier fressen Sie Blütenpollen und legen sie ihre Eier in Pflanzenstängel, in denen sie überwintern.

Anders als viele heimische Insekten ist das sehr wärmeliebende Weinhähnchen aufgrund der beispiellos rasanten Klimaerwärmung bei uns in Zunahme begriffen. Die Bestände etlicher heimischer Moorlibellen und Amphibien wie Gras- und Moorfrosch, sind in den letzten Jahren hingegen eingebrochen und drohen auszusterben.

„So schön sich das nächtliche Weinhähnchen-Konzert auch anhört, ist es ein Vorbote weitaus tiefgreifenderer Veränderungen, die uns bevorstehen, wenn wir unseren klimaschädlichen Lebensstil nicht umgehend ändern“ schließt Schott die Wanderung.